Energiestandards, U-Wert und weitere Verwirrungen

Die technischen Daten treten mittlerweile auch beim Hausbau immer weiter in den Vordergrund. So wird schon auf den Internetseiten vieler Fertighaushersteller mit U-Werten für Wand und oder Decke geworben oder ein besonders hoher Standard durch Schlagwörter wie Effizienzhaus 70/55 suggeriert. Da man hier sehr sehr leicht in die Irre geführt wird, wollten wir an dieser Stelle das eine oder andere "Verkaufsargument" aufklären.

Der U-Wert Schwindel:
Was steckt eigentlich hinter diesem Wert, den man vor allem in Bezug mit Wand, Decken oder Fenster findet? Leichter findet man sich zurecht, wenn man sich die Einheiten verdeutlicht - W/m²K. Die Außenwand des Hauses trennt die (hoffentlich) warme Innenluft von der im Winter sehr kalten Außenluft. Je größer der Temperaturunterschied (Maßeinheit Kelvin K) und je größer die Fläche der Wand (m²) desto mehr Leistung (in Watt W) muss im Haus durch die Heizung aufgebracht werden um die Innentemperatur zu halten. Grundsätzlich gilt also hier die Regel - je kleiner der Wert umso besser ist die Dämmung.

In welcher Größenordnung bewegt sich dieser Wert?
Nach aktueller Energieeinsparverordnung ist ein Wert <0,2 für Außenwände vorgeschrieben. Bei Passivhäusern werden Werte im Bereich von 0,08 - 0,10 angestrebt.

Wie wird geschwindelt?
Vorallem im Holzrahmen und Holztafelbau wird gerne der Wert nur auf das Gefach beschränkt. Dieser ist immer tendenziell besser als mit dem der Dämmung umgebenen Balken. (Der Balken ist ein besserer Wärmeleiter als die verwendete Dämmung)
Ähnlich ist der Schwindel bei den Fenstern. Hier wird zwischen Uw und Ug unterschieden. In vielen Prospekten wird nur das Glas (Ug) betrachtet. Steckt dies in einem raudigen Rahmen ist der Uw Wert jedoch auch wieder signifikant schlechter. Darum besser gleich den Uw Wert vergleichen.

Effizienzhäuser?

Diese Begriffe spiegeln das Drama des Gesetzgebers wieder Energiestandards zu definieren. Die wenigsten verstehen jedoch die Angaben. Basierend auf einem Referenzgebäude (Effizienzhaus 100) geben die hinten angestellten Zahlen den zu erwartenden Primärenergiebedarf in Prozent wieder (55 -> 55% vom Effizienzhaus 100). Die Verwässerung beginnt jedoch bei dem Primärenergiebedarf. Jeder Energieträger wird hier mit einem gewissen Faktor bewertet (Strom 3, Pellets 0,2). Ab hier wird das Dilemma ersichtlich. Es ist unter Einbeziehung der rechnerisch "günstigsten" Heizung also Problemlos möglich höchste Effizienzhaus Anforderungen zu erfüllen trotz miesester Dämmung.
Ein und das selbe Haus mit z.B. einem Heizenergieverbrauch von 100kWh/m²a wird bei einer reinen Stromheizung zur Energieschleuder (Strom = 3 * 100kWh/m²a = 300kWh/m²a) oder zum top Gebäude (Pellets 0,2 * 100kWh/m²a = 20kWh/m²a)
Neben der Gewichtung der Energiequelle wird auch noch die Komplexität der Heizungsanlage eingerechnet. Dies würde jedoch jeden Rahmen sprengen.
Man sollte also ein Haus nicht nach dem Effizienzhaus Standard bewerten sondern immer nachfragen mit welcher Heizung dies gerechnet wurde.

Passivhäuser?
Hier ist die Definition zwar teilweise irreführend jedoch wird hier der oben genannte Kniff über die Primärenergie außen vor gelassen. Ein Passivhaus darf einen maximalen Heizenergiebedarf von 15kWh/m²a aufweisen. Weiterhin wird eine maximale Heizlast von 10W/m² vorgeschrieben.
Neben einer sehr aufwändigen Gebäudehülle müssen hier weitere Punkte beachtet werden um den Standard Passivhaus zu erreichen (spezielle Fenster, Lage und Ausrichtung des Hauses, Geometrie...).
Es kann zwar (fast) auf eine Heizung verzichtet werden jedoch sollte man sich immer noch Fragen wie man sein Duschwasser warm bekommt.


Welche Verluste hat das Haus?

Vorallem bei sehr gut gedämmten Gebäuden tragen die Fenster einen Hauptanteil der Verluste die durch die Gebäudehülle verursacht werden. Welchen Nutzen hat man von einer super Außenwand wenn der Fensteranteil hoch und die Fensterqualität mies ist? KEINEN!
Ein sehr sehr hoher Anteil der Energieverluste kommt jedoch durch das Lüften. Je dichter das Gebäude desto wichtiger wird das richtige Lüften des Hauses (Schimmel!).
Um dieses Problem zu beseitigen sind immer stärker Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung im kommen.



Wie ist unsere Entscheidung ausgefallen?

Wir haben einen hohen Stellenwert auf eine gute Gebäudehülle gelegt. Ein Passivhausstandard wäre bei unserem Standort nur mit einem sehr sehr hohen Aufwand machbar gewesen. (Verschattung im Winter!).

U-Wert Außenwand: 0,137 W/m²K
U-Wert Dach: 0,165 W/m²K
Fenster: hochwertige Gaulhofer mit Ug = 0,7 W/m²K - Uw <0,95W/m²K
Heizung - Energieträger: Strom
Heizungsart: Luft/Wasser Wärmepumpe
Gebäudebelüftung: Wohnungslüftung mit Wärmerückgewinnung
Energiestandard: voraussichtlich deutlich unterhalb von Effizienzhaus 55

Für uns stellte diese Kombination die beste Lösung dar. Ein Exkurs zum Thema Heizung und Wärmepumpen folgt ein anderes mal.






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